Am 3. März 1973 wurde das so genannte Washingtoner Artenschutzabkommen CITES (Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora) geschlossen, um der weltweiten Bedrohung wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Lebensraumzerstörung, Übernutzung, Wilderei und Handel entgegenzuwirken. Das Abkommen, das mittlerweile von 183 Staaten unterzeichnet wurde und als wirksames Instrument im Kampf um den Erhalt der globalen Artenvielfalt gilt, kontrolliert, reguliert und begrenzt den internationalen Handel mit gefährdeten Arten und ihren Produkten. Das Spektrum der rund 5.600 Tier- und 30.000 Pflanzenarten, die in der Konvention unter Schutz gestellt sind, ist breit und umfasst nicht nur Arten wie Elefanten, Nashörner, Papageien, Pfeilgiftfrösche, Wale, Bären, Schildkröten, Kakteen und Korallen, sondern auch fast alle heimischen Säugetiere, Vögel, Kriechtiere, Lurche und Insekten. Während 2021 die schwindenden Wälder im Fokus des alljährlichen internationalen Aktions- und Gedenktages am 3. März standen, geht es in diesem Jahr um den Schutz besonders bedrohter Schlüsselarten und die Wiederherstellung ihrer Lebensräume. „Wir möchten aus diesem Anlass das Augenmerk auf eine Leitart naturnaher Wälder lenken, die sich einerseits dank intensiver Schutzbemühungen allmählich wieder ausbreitet, andererseits aber durch das dichte Verkehrswegenetz, Freizeitnutzungen und wirtschaftliche Aktivitäten in ihrem Lebensraum stark gefährdet ist“, sagt die Pressesprecherin des NABU Heidekreis, Dr. Antje Oldenburg.
Die Rede ist von der Europäischen Wildkatze, einer heimlichen, dämmerungs- und nachtaktiven Bewohnerin alter, reich strukturierter Mischwälder, die selbst Experten kaum zu Gesicht bekommen und einer graugetigerten Hauskatze zum Verwechseln ähnlich sieht. Als vermeintliche Nahrungskonkurrenten im 18. und 19. Jahrhundert durch gnadenlose Verfolgung nahezu ausgerottet, kehren die scheuen Mäusejäger auf Samtpfoten in ihre Heimat zurück, wobei es derzeit zwei Hauptverbreitungsgebiete mit weitgehend isolierten Populationen gibt, in denen insgesamt zwischen 7.000 und 10.000 Individuen leben: Zum ersten gehören Eifel, Hunsrück, Pfälzer Wald und Taunus, zum zweiten Harz, Solling, Leine-Weserbergland, Kyffhäuser, Rhön, Hainich und die übrigen Waldgebiete Nordthüringens. Dabei spielen die Reste der einst für Mitteleuropa typischen Eichen-Buchenwälder mit dichtem Unterwuchs, Alt- und Tothölzern, Baumhöhlen und heckenreichen Säumen an Lichtungen und Rändern für die Art eine wichtige Rolle. Von den in Südniedersachsen liegenden Mittelgebirgszügen dringt die Wildkatze langsam nach Norden und Osten vor und erobert Schritt für Schritt geeignete Habitate im angrenzenden Flachland. So konnten im Heidekreis 2017/2018 im Rahmen einer vom BUND durchgeführten Wildkatzenerfassung erste Nachweise nordöstlich von Bispingen und südlich von Hedern und Rethem erbracht werden. Inzwischen haben sich die zu den seltensten heimischen Säugetierarten zählenden Sympathieträger in den südlichen und östlichen Wäldern der Landkreise Heidekreis, Celle, Lüneburg, Gifhorn, Uelzen und Lüchow-Dannenberg etabliert, der bislang nördlichste Nachweis gelang 2020 in den Wäldern der Klosterforsten im Landkreis Harburg.
„Auch wenn ihr Erhaltungszustand nach wie vor ungünstig ist, ist die Wildkatze ein Paradebeispiel für das erfolgreiche Zusammenwirken von nationalen und internationalen Gesetzen und Vereinbarungen, dem Erhalt und der Wiederherstellung von Lebensräumen und der Biotopvernetzung“, meint NABU-Vorsitzender Klaus Todtenhausen. Von dem im niedersächsischen Weg vereinbarten Biotopverbund auf 10 Prozent der Offenlandfläche würden laut NABU alle Arten profitieren, die für ihre Wanderungen deckungsreiche lineare Lebensraumelemente wie Gehölzstreifen, Hecken, Waldsäume und Bachauen benötigen. Auch der Umbau monotoner Nadelforsten zu naturnahen, strukturreichen Mischwäldern wirke sich positiv auf die Wildkatzenpopulation aus. Grünbrücken und Durchlässe könnten außerdem dazu beitragen, die hohe Anzahl an Verkehrsopfern zu reduzieren. „Allerdings drohen der Wildkatze mit der von der Landesregierung angestrebten Öffnung der Wälder für die Windenergie neue Gefahren, die den erzielten Erfolg zunichtemachen könnten“, gibt Dr. Antje Oldenburg zu bedenken und resümiert. „Vor allem Katzen mit Nachwuchs halten sich von Windrädern fern, während Siedlungen, Straßen und stark frequentierte Wege von beiden Geschlechtern strikt gemieden werden. Artenschutz und Klimaschutz müssen zusammengedacht und gemeinsam angepackt werden. Spielen wir sie gegeneinander aus, sind am Ende alle die Verlierer“.