Grethem. Südwestlich von Ahlden erstreckt sich die Schotenheide, ein weitläufiges, unzerschnittenes Waldgebiet, in dem das Naturschutzgebiet „Moor in der Schotenheide“ und das Naturdenkmal „Schwedenschanze“ als besonders schützenswerte Einsprengsel liegen. Prägten früher ausgedehnte Heideflächen das Landschaftsbild, so wechseln sich heute kleine strukturreiche Mischwälder mit monotonen Kiefernforsten ab, an die im Osten die Grethemer und die Büchtener Heide und im Westen der Frankenfelder und der Bosser Bruch anschließen.
Aus naturschutzfachlicher Sicht weist das Gebiet zwischen Allertal und Kreisgrenze eine Besonderheit auf, die Hundespaziergängern, Pilzsuchern und Blaubeerpflückern meistens verborgen bleibt: Es ist die Heimat der letzten kleinen Turteltaubenpopulation in unserem Landkreis. Die zierliche Taube mit dem farbenfrohen Gefieder ist eine global gefährdete Art, deren Bestände seit 1980 europaweit um fast 90 Prozent zurückgegangen sind. Während in Deutschland heute 12.500 bis 22.000 Paare brüten, gibt es in Niedersachsen nur noch einige wenige punktuelle Vorkommen mit insgesamt weniger als 400 Brutpaaren, so dass der einzige Langstreckenzieher unter den europäischen Taubenarten in der jüngst erschienenen „Roten Liste der Brutvögel Niedersachsens und Bremens“ als vom Aussterben bedroht eingestuft wurde.
Die Ursachen für den Rückgang sind vielfältig. Zum einen können die mehr als 1,4 Millionen in der EU legal geschossenen Turteltauben von der Art nicht mehr verkraftet werden. Zum anderen sind die Samen von bevorzugten Wildkräutern wie Klee, Vogelwicke, Erdrauch, Wolfsmilch sowie Knöterich- und Gänsefußgewäschse aufgrund der Verwendung von Herbiziden in der intensiven Landwirtschaft auf Äckern kaum noch zu finden. Außerdem geht die Ausweitung von Anbauflächen mit einem Verlust von Brachen, Ackersäumen, Feldgehölzen und Kleingewässern – und damit von Nistplätzen, Nahrungs- und Trinkstellen – einher. Auch das Austrocknen von Gräben, Tümpeln und Teichen während anhaltender Dürreperioden macht den grazilen Vögeln, die insbesondere während der Jungenaufzucht auf eine nahe Wasserquelle angewiesen sind, immer mehr zu schaffen. „Wir waren daher sehr froh, als sich im letzten Jahr im Rahmen des REWE Pro Planet Obstprojektes unverhofft die Möglichkeit bot, das Turteltaubenvorkommen in der Schotenheide durch die Anlage eines Flachwassertümpels zu unterstützen“, erinnert sich Dr. Antje Oldenburg, Pressesprecherin des NABU Heidekreis und ergänzt: „Unser Dank gilt vor allem Inken Gerlach-Dippel von der NABU Umweltpyramide in Bremervörde, die als fachliche Leiterin des Pro Planet Obstprojektes unsere Idee bereitwillig aufgegriffen, geplant und auf den Weg gebracht hat. Außerdem gebührt unser Dank Familie Badenhop in Grethem, die durch die Bereitstellung einer rund 850 m2großen Fläche am Rand einer Heidelbeerplantage die Realisierung überhaupt erst ermöglicht hat“. Finanziell unterstützt wurde das Vorhaben von der Niedersächsischen Bingo-Umweltstiftung (NBU), die die Anlage des Turteltaubentümpels mit einer Summe in Höhe von 8.100 € fördert.
Entstanden ist ein nährstoffarmer, sonnenexponierter Flachwassertümpel mit einer Wasserfläche von 60m2, der nicht nur Turteltauben, sondern auch anderen Vogel- und Tierarten als Tränke dient und sich im Laufe der Zeit zu einem Lebensraum für Wasserinsekten entwickeln wird. Damit der von Regenwasser gespeiste Tümpel auch bei im Hochsommer nicht austrocknet, sorgt Familie Badenhop bei Bedarf für eine Befüllung aus der Tröpfchenbewässerung der angrenzenden Heidelbeerkulturen. Als begleitende Maßnahme soll auf der angrenzenden Freifläche eine spezielle Saatgutmischung mit Wicke, Edrauch und vier verschiedenen Kleearten ausgebracht werden, die sich bei Turteltauben besonderer Beliebtheit erfreuen. Davon profitieren neben anderen Samenfressern auch nektarsaugende Insektenarten wie Wildbienen, Hummeln, Schmetterlinge und Schwebfliegen. „Leider werden uns die Turteltauben bereits in wenigen Wochen wieder verlassen und sich auf den Weg in ihre Überwinterungsgebiete südlich der Sahelzone machen“, bedauert Projektleiterin Inken Gerlach-Dippel. „Aber wir erwarten mit Spannung ihre Rückkehr im nächsten Frühjahr und hoffen, dass unsere Maßnahmen dazu beitragen werden, den Rückgang der Turteltaubenpopulation zum Stoppen zu bringen.“
Weitere Informationen: Dr. Antje Oldenburg, Tel. 05164-801113